Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
der Haushalt 2021 ist in einer sehr außergewöhnlichen Zeit von der Verwaltung aufgestellt und Ende 2020 vom Bürgermeister in den Rat der Stadt Telgte eingebracht worden; weltweit tobte und tobt leider noch immer die Corona-Pandemie. Das mag entschuldigen, dass der Haushaltsplanentwurf etwas wenig ambitioniert daher kommt. Dafür gibt es aber zurzeit keinen Grund. Bund und Land haben je zur Hälfte den gesamten corona-bedingten finanziellen Schaden der Stadt aus 2020 ausgeglichen. Der Kämmerer konnte Ende Dezember einen Geldeingang auf dem städtischen Konto von gut 5,2 Mio € feststellen. Das ist doch schon mal etwas. Wobei immer wieder daran gedacht werden muss, dass dieses Geld einmal von den Steuerzahler/innen zurückgezahlt werden muss. Zwar schwächt Corona weiterhin den wirtschaftlichen Aufschwung; aber Land und Bund sind bereit, die Kommunen auch weiterhin finanziell zu stützen.
Unser Kämmerer ist bei der Haushaltsaufstellung vorsichtig gewesen. Er hat den Ansatz der Gewerbesteuer -entgegen der Prognosen aus dem letzten Jahr- maßvoll mit 9,9 Mio € nach unten korrigiert. Das ist in dieser eher unsicheren Situation auch richtig so gewesen. Aus unserer Sicht hat es aber gar keinen Grund gegeben, im Planentwurf über Steuererhöhungen für die Folgejahre zu diskutieren. Absichtserklärungen dazu haben im Haushalt nichts zu suchen. Das wäre in dieser für viele Menschen auch schwierigen wirtschaftlichen Situation ein faux pas gewesen, der nicht sein muss. Das haben zum Glück die anderen Fraktionen auch so gesehen. Und dies gilt umso mehr, als aktuell die Gewerbesteuerprognosen in Telgte nach oben korrigiert werden können. Das ist eine sehr gute Nachricht zu Beginn eines doch weiterhin unsicheren Jahres.
Trotz der leicht positiven Signale aus der Wirtschaft ist es richtig, dass der Kämmerer die Daumen auf der Kasse hält und Politik und Verwaltung mahnt, Zurückhaltung im Ausgabeverhalten zu üben. Denn die Jahre 2021 und folgende werden geprägt sein durch sehr hohe Investitionen in die bauliche Erweiterung der Grund- und weiterführenden Schulen. Hier werden nach dem von der Verwaltung im Dezember 2020 vorgelegten und von den Fraktionen beratenen Haushaltsplanentwurf allein für die Don-Bosco-Schule und das Gymnasium bis 2023 insgesamt gut 13 Mio € aufgerufen. Wobei diese Zahl jetzt schon längst überholt ist und sich deutlich nach oben korrigieren wird, obwohl noch nicht einmal mit einer der Baumaßnahme begonnen worden ist.
Erst seit einer Woche wissen wir: die Investitionen für die Don-Bosco-Schule werden weit höher ausfallen als bisher geplant und der Politik mitgeteilt. Das ist auch vom Verfahren her ganz schlechter Stil; man könnte auch sagen ein Stück aus dem Tollhaus. Die Sitzungsvorlage zu dieser Baumaßnahme mit der Planung eines höheren KfW-Standards und damit einhergehend höheren Kosten enthielt gar keine Angaben zur Höhe der Kosten ; ohne Zahlengrundlage sollten die Fraktionen beraten und entscheiden. Und wir sprechen an der Don-Bosco-Schule nur von dem ersten Bauabschnitt. Der wird nach derzeitiger Planung jetzt ca. sieben Mio € kosten. Zwei weitere Bauabschnitte folgen noch. Die Verwaltung weiß ganz offensichtlich nicht, wie hoch am Ende das Gesamtinvest in die Schule ist. Das Gebäude soll nunmehr energieeffizient nach dem KfW-Standard 55 errichtet werden und definiert damit den Mindeststandard für alle weiteren baulichen Maßnahmen bei städtischen Gebäuden. Und wenn es nach der Grünen Fraktion ginge, würde der KfW-Standard 40 umgesetzt; dieser Standard verursacht natürlich noch einmal deutlich höhere Baukosten. Wie das finanziert werden sollte, hat die Grüne Fraktion leider nicht erklärt. Sie beließ es vielmehr bei der Äußerung, dass es eben kostet, was es kostet. Der Klimaschutzmanager der Stadt sprach von interessanten Änderungen der Förderkulissen; wenn die Baumaßnahme nach den geänderten Förderrichtlinien gefördert wird, kann der verbesserte energetische Standard durch diese Förderung finanziert werden. Ob das aber so kommt, konnte er auch nicht sagen; seine Äußerungen blieben eher sehr wage. Es bleibt die Hoffnung; Sicherheit haben wir hier nicht.
Und dann steht ab 2021 auch der Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Westbevern auf dem Plan. Die Notwendigkeit dieser Investition steht außer Frage. Vielleicht kann die Verwaltung dann endlich erklären, dass sie von dem ursprünglich einmal geplanten Satellitenstandort Nord in Telgte keinen Gebrauch mehr machen wird. Dies Kapitel könnte sodann endlich abgeschlossen werden.
Insgesamt erhöht sich die Verschuldung der Stadt durch die beschriebenen Maßnahmen laut Haushaltsplan von gut 20 Mio € auf über 30 Mio € in den Folgejahren. Aber natürlich ist auch diese Zahl schon wegen der Kostenerhöhungen bei der Don-Bosco-Schule wieder Makulatur und wird sich nach den obigen Ausführungen deutlich erhöhen.
Wir haben im Finanzausschuss am 23.02.2021 den Haushalt mitgetragen. Zu dem Zeitpunkt stand die Kostenentwicklung an der Don-Bosco-Schule noch gar nicht auf der Agenda. Unsere Anträge zum Haushalt haben in der Finanzausschusssitzung im Februar doch überwiegend eine Mehrheit gefunden; deshalb war die Zustimmung auch schlüssig. Ich greife hier nur einige wenige Punkte heraus:
Für den Digitalisierungsprozess sind die Mittel um 50.000 € auf unseren Antrag hin erhöht worden. Und zugleich erhielt auch der Antrag der Grünen Fraktion, eine IT-Fachkraft zur Unterstützung der Schulen einzustellen, eine Mehrheit. Das ist gut und richtig so, hinkt doch die Stadt Telgte im gesamten Digitalisierungsprozess weit zurück. In diesem Bereich ist in den letzten Jahren viel zu wenig investiert und getan worden. Der Digitalisierungsausschuss hat ein großes Arbeitspensum vor sich.
Unser Antrag für mehr Ladestationen für E-Autos und E-Fahrräder wurde jetzt einstimmig angenommen; wie schön, nachdem wir im letzten Jahr für den gleichen Antrag keine Mehrheit gefunden haben.
Die bauliche Entwicklung des Hauses der Musik ist im Corona-Jahr 2020 etwas aus dem Blick geraten. Die Mittel für die weitere Planung stehen aber zur Verfügung und wir erwarten in diesem Jahr jetzt auch Ergebnisse. Die hat der Bürgermeister auch zugesagt.
Wir möchten auf eigenem Grund und Boden mit einem Generalunternehmer ein Haus für Obdachlose und Flüchtlinge bauen; die Unterbringungs-Situation ist weiterhin in Telgte prekär. Die Mehrheit im Ausschuss teilte unsere Auffassung.
Umso enttäuschter sind wir, dass all unsere Vorschläge zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum keine Unterstützung der anderen Fraktionen und der Verwaltung findet. Der Bedarf an Wohnungen im Geschosswohnungsbau ist in Telgte groß. Ein gutes Angebot an bezahlbarem Wohnraum ist Wirtschaftförderung im besten Sinne. In diesem Jahr haben wir mit einem Antrag versucht, die seit Jahren brach liegende Lidl-Fläche einer Wohnbebauung zuzuführen; zumindest den Versuch zu starten, die Fläche für eine Wohnbebauung planungsrechtlich vorzubereiten. Es gab von den anderen Fraktionen wieder keine Unterstützung. Sehr schade.
Dafür hat unser Antrag, in die konkrete Planung für die Sanierung des gesamten Rathauses einzusteigen, große Unterstützung der anderen Fraktionen gefunden. Es reicht hier nicht eine Schadstoffsanierung; das gesamte Objekt ist in den Blick zu nehmen.
Unseren Antrag auf Planung eines plangleichen Bahnüberganges am Clemenspark für Fußgänger und Radfahrer werden wir zum nächsten Haushalt wieder stellen. Die anderen Fraktionen sind leider noch nicht soweit, hier jetzt schon mitzugehen, obwohl im Finanzausschuss einhellig die Auffassung vertreten wurde, ein solcher Übergang sei sinnvoll und könne zur Entlastung an den beiden innerstädtischen Bahnübergängen führen.
Eine weitere Stelle im Fachbereich Bau war nach der Diskussion im Finanzausschuss zwingend. Bedarf besteht in diesem Bereich schon seit Jahren; Herr Korte hat das jetzt im Ausschuss überdeutlich zum Ausdruck gebracht. Man ist in seinem Fachbereich nicht mehr in der Lage, die Vielzahl an Projekten abzuarbeiten. Das wissen die politischen Vertreter schon seit Jahren; sie könnten es jedenfalls wissen. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass viel zu viele Projekte auf einmal in Angriff genommen werden. Umso unverständlicher ist es, dass diese Stelle nicht vom Bürgermeister als dem Personalverantwortlichen bereits mit der Haushaltseinbringung gefordert worden ist. Die Stadt hat eine Rückstellung in Höhe von 330.000 € für Überstunden und nicht genommenen Urlaub gebildet. Davon entfällt sicher ein großer Teil auf den Baubereich.
Wir haben auch in diesem Jahr wieder das in Planung befindliche Baugebiet Telgte Süd im Finanzausschuss aufgegriffen und Kürzungen des Haushaltsansatzes für NRW Urban gefordert. Diese Gesellschaft arbeitet nach Auskunft der Stadt nur noch sporadisch an diesem Bauprojekt. Wir sind die einzige Fraktion, die das Baugebiet ablehnt – u.a. wegen der Kostenexplosion, der Behinderung der Landwirtschaft, der Probleme mit der Entwässerung- , aber auch die einzige Fraktion, die sich noch aktiv in die Planung einschaltet und Fragen dazu stellt. Freiwillig hört man aus der Verwaltung nichts zum Stand der Entwicklung dieses Baugebietes. Auch NRW Urban hat sich sicherlich seit mehr als einem Jahr nicht mehr vor der Politik zum Projekt geäußert. Und das hat mit Corona nichts zu tun. Unser Antrag wurde natürlich abgelehnt; wir hatten auch leider nichts anderes erwartet.
Herr Herzig hat im letzten Hauptausschuss noch einmal ausdrücklich auf die Risiken hingewiesen, die dieser Haushalt und wohl auch die nächsten Haushalte haben werden. Stichworte sind Corona-Kosten, Baukosten Schulen insgesamt, Klimaschutz, Kosten Telgte Süd, Rathaus. Diese Mahnung hatten wir noch im Ohr, als uns in der letzten Woche die Mehrkosten für den Bau Don-Bosco-Schule präsentiert wurden. Wir haben in der Fraktion sehr intensiv diskutiert, ob dies für uns ein Anlass sein muss, unsere Entscheidung zum Haushalt zu revidieren und ihn doch abzulehnen. Wir tun das jetzt nicht. Wir verantworten schweren Herzens diesen Haushalt mit, werden dabei sehr genau hinschauen, in welchem Verhältnis sich Einnahmen und Ausgaben in der Stadt weiter entwickeln. Eine Situation wie in der letzten Woche im Schul- und Planungsausschuss sollte sich nicht wiederholen.
Wir danken Frau Kunze und Herrn Herzig für die Aufstellung des Haushaltes und die kompetente Beantwortung unserer Fragen besonders im Finanzausschuss.
Karin Horstmann
Sprecherin der FDP-Fraktion